proM² in der Presse

Report Plus, 04/2006
Von Reinhold Fleischhacker

Karriere vs. Lebensqualität

Nicht immer ist eine Aufstiegschance ein Aufstieg. Denn immer mehr Großkonzerne entlohnen einen Karrieresprung nicht so, dass es auch ein finanzieller Sprung ist. Christian Reitterer beispielsweise gab dem Familienleben eine höhere Priorität.

Manchmal kann man sich als Außenstehender nur wundern: Da wird ein tüchtiger Manager zu einer Executive-Schulung vorgeschlagen - und der Vorgeschlagene quittiert daraufhin den Dienst. Das passt nicht so recht zu den normalen Vorgängen. Denn eine Executive- Schulung wird bei großen Konzernen für gewöhnlich nur den Besten gewährt. "Genau das war ja der Knackpunkt", schildert Christian Reitterer, mittlerweile selbstständiger Consulter, unter anderem für das Magna Racino in Ebreichsdorf.

Mehr Ehr, gleicher Lohn

"Man weiß ja, wie die Dinge so laufen. Nestlé hatte vor, mir ein erweitertes Aufgabengebiet zu überantworten, allerdings hätte ich dann ins Ausland gehen müssen." Offensichtlich hat sich in manchem Konzern eine Art "Schengendenken" breit gemacht: Freier Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen, heißt es dort ja. Hatte es früher für Auslandsengagements noch mehr Geld gegeben, so ist dieser Brauch abhanden gekommen. Daher passiert es immer öfter, dass es zu Verzichtserklärungen in solchen Fällen kommt. "Bei mir war es so, dass meine Lebensgefährtin ein gut gehendes Geschäft in Wien führt und wir außerdem eine Patchworkfamilie zu managen haben. Ich habe zwei Kinder aus meiner Ehe, sie eines aus ihrer." Eine Tätigkeit in Deutschland hätte also schwerwiegende Folgen für das Familienleben gezeitigt. Und das bei gleichem Lohn, der ohnehin nicht sonderlich berauschend war.

Wissen kapitalisieren

Warum also nicht das erworbene Wissen und die erworbenen Skills anderweitig umsetzen? 22 Jahre Berufs- und Lebenserfahrung, begleitet von unzähligen Weiterbildungsmaßnahmen (im Moment Executive MBA an der IMADEC University in Wien), da kann man Kunden schon was weitergeben. Zumal ein Leitspruch lautet: "Erfolgreich ist, wer Wissen kapitalisiert."
Einer der derzeitigen Kunden ist das Magna Racino in Ebreichsdorf, das bekannterweise Anlaufschwierigkeiten hatte. Nicht, dass die Pferde lahmten, "es waren einfach nicht die richtigen Leute am richtigen Platz". Das Marketing und die Kommunikationsabläufe wurden umstrukturiert und flachere Strukturen geschaffen.

Manager auf Zeit

Was Reitterer derzeit macht, kann mit "Management auf Zeit" beschrieben werden. "Ich habe für die Dauer meines Engagements natürlich eine operative Stellung." Also keine reine Beraterfunktion. Man könnte also sagen, Sie managen Manager beim Managen? Reitterer: "Ja, so ungefähr. Man könnte es auch mit General Management beschreiben." Was sind denn so die Erfahrungen aus 22 Jahren Managertätigkeit? Was verstehen Sie zum Beispiel unter "Zielorientiertheit"? Reitterer: "Zielorientiertheit ist für mich die Kombination aus IQ und SQ." Und wie erwirbt man den berühmten SQ? Reitterer: "Ich würde sagen, aus Erfahrung."

Wissen & Skills

Es gibt Menschen, die wissen von 350 Krankheiten das für die jeweiligen Krankheit zuständige Neuron - und sind dennoch dauernd krank. Wie schaut das denn beim Managen aus - wie macht man aus erworbenem Wissen umsetzbare Skills? Reitterer: "Das ist natürlich schwer zu erklären. Ich würde sagen, der eine kann es, der andere weniger. Der, der es kann, wird Erfolg haben, der dies weniger versteht, wird ein erfolgloser Wissender bleiben. Das kann man wohl nur am Ergebnis messen."
Bei Magna Entertainment sagten Sie, dass da bisher nicht immer die richtigen Leute am richtigen Platz waren. Wie diagnostiziert man das konkret? Reitterer: "Also für Magna darf ich schon aus vertraglichen Gründen nicht konkret aussagen. Aber das ist eben die große Kunst des Managements, dass man die richtigen Leute an die richtige Stelle setzt. Wenn es da ein Kochrezept gäbe, würden wohl alle gleich gut kochen. Letztendlich sieht man es dann wiederum am Ergebnis, welches die Leute zustande bringen."

Komplementär

In der Coachingszene sind gerade Prozesse im Entstehen, die den Anschein erwecken, dass die beiden Blöcke "McKinsey" und "systemisch" immer mehr zusammenwachsen. Ihr Logo "Pro Management Quadrat" weist eigentlich darauf hin, es steht ja für "Mensch und Management". Reitterer: "Ein Manager wird ohne menschliche Qualitäten natürlich nie auskommen, schließlich hat er es ständig mit Menschen zu tun. Man muss zum Beispiel schauen, wer detaillierte Anweisungen braucht und wer lieber kreativen Spielraum braucht. Jemanden, der lieber mit detaillierten Anweisungen arbeitet, wird der kreative Spielraum wahrscheinlich sogar beängstigen."
Aber als Coach versteht sich Reitterer eh nicht. Der Bedarf an externen General Managern scheint riesig zu sein, denn schon in den ersten Monaten meldeten sich gleich deren fünf, und das ohne Akquise. Das Quintett beschäftigt ihn derzeit so stark, dass fürs Laufen, Golfen und die anderen Hobbys so gut wie keine Zeit bleibt. Nicht mal die Homepage ist noch fertig (www.pro-m.at). Und die geplante Seminarschiene muss daher auch noch untertourig laufen, dabei war diese ursprünglich als Betätigungsschwerpunkt gedacht. Unverhofft kommt eben oft.

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